Foyer Features

Von Joelle Lieser

 

Hauke Köhn, ehemaliges Mitglied der Opera Insiders, einer Gruppe interessierter Jugendlicher, die regelmäßig hinter die Kulissen schauen, und Helfer bei Großveranstaltungen, berichtet über seine Erfahrungen. Wir trafen uns beim Kinderfest.

 

Hauke Köhn
 

Mein Weg zu den Opera Insiders


Ich würde generell behaupten, dass wir immer eine gute Beziehung zur Oper hatten, da der Vater eines guten Freundes von mir Posaunist im Niedersächsischen Staatsorchester ist. In der ersten oder zweiten Klasse war ich das erste Mal mit meinem Vater in Hänsel und Gretel. Ich erinnere mich noch ziemlich gut an diesen Tag. Das hatte aber vermutlich eher weniger mit der Oper zu tun, denn als wir aus der Vorstellung rausgekommen sind, habe ich bemerkt, dass ich eine Mittelohrentzündung bekomme. Das hatte zwar keinen kausalen Zusammenhang, wurde aber in meiner kindlichen Erinnerung damit verknüpft. 


Und so war ich tatsächlich nur noch einmal in der Oper, im Musical My Fair Lady, bis ich zu den Opera Insiders kam. Diese Inszenierung fand ich damals richtig toll. Ständig wurde im Bühnenbild ein Haus hoch- und runtergefahren, und mit szenischen Wechseln zu einer Pferderennbahn. Ich glaube, heute fände ich das auch noch nett und witzig, aber mich würde das nicht mehr so sehr beeindrucken wie damals. Unmittelbar danach war ich schon bei den Opera Insiders und habe angefangen, mir häufiger verschiedene Vorstellungen anzuschauen.


Damals hat eine Klassenkameradin ein Praktikum in der Musiktheatervermittlung gemacht und mir davon erzählt. Da das ganz spannend klang, hat sie mich mal mitgeschleppt. So bin ich dort gelandet. Und weil ich es sehr interessant fand, bin ich dann auch geblieben.


Grundsätzlich haben wir uns bei den Opera Insiders immer an der Oper getroffen und mit Leuten aus verschiedenen Abteilungen geredet. Da waren vor allem viele Regisseur*innen dabei, die etwas zu ihren Stücken erzählt haben. Eine Person, die mir da wirklich in prägnanter Erinnerung geblieben ist, ist Martin G. Berger. Er hat an der Oper sehr viel inszeniert, und ich erinnere mich an ihn als sehr humorvollen, aber auch sehr intelligenten Typ. Seine Inszenierungen haben mir immer sehr gut gefallen, und dann war es umso schöner, ihn auch mal treffen und über die Stücke zu sprechen zu können.


Dass ich regelmäßig in die Oper gegangen bin, hat sich also erst durch die Opera Insiders entwickelt. Damals war ich ja erst sechzehn. Es kam auch noch eine weitere Person aus meiner Klasse mit zu den Opera Insiders und wir sind dann immer zusammen in die Oper gegangen.  Ich würde auch behaupten, es lag am zunehmenden Alter.

Warum es sich lohnt, regelmäßig ins Theater zu gehen


Die Oper, die mir bis dato am besten gefallen hat, ist Werther von Jules Massenet. Das war das erste Mal, dass ich aus der Oper rausgegangen bin und mich fast schon ein bisschen erschlagen gefühlt habe von den Eindrücken. Aber auf positive Weise. Auch Salome hat mir sehr gut gefallen. Ich bin mittlerweile sowas wie ein Strauss-Fan.


Das Schöne daran, häufiger ins Theater zu gehen, ist, dass man zufällig Leute trifft. Einmal habe ich spontan eine Opera Insiders-Karte für die Premiere von Candide bekommen. Meine Eltern hatten mit ihren Freunden wohl auch Karten gekauft, und wir wussten nichts voneinander. Wir haben uns lustigerweise im Opernfoyer getroffen. Generell habe ich schon viele Leute zufällig in der Oper getroffen, die ich länger nicht gesehen hatte. Das hat mich manchmal überrascht.


Auch sonst gibt es immer einiges zu erzählen. In einem der vergangenen Sommer hatte ich Freikarten für Jenůfa, weil ich bei der Open Stage mitgeholfen habe. Nach der Oper wollte ich auf eine Party, für die man eine Karte brauchte. Diese hatte ich aber zu Hause vergessen. Ich bin dann im zweiten Akt der Oper nach Hause gefahren, um die Karte für die Party zu holen, und bin im dritten Akt wieder in die Oper gegangen. Eigentlich schade, denn es war eine gute Produktion und ich hätte sie gerne ganz gesehen.

Junge Menschen in einer scheinbar versnobten Opernwelt?


Eine Frage, die sich ja viele stellen, ist: Was ziehe ich in die Oper an? Ich bin nicht unbedingt die Person, die sich besonders schick macht. Im Sommer gehe ich durchaus auch in kurzer Hose. Was das angeht, ist Hannover noch relativ offen. Letztes Jahr im Italienurlaub konnte ich eine günstige Karte für ein Konzert im Teatro alla Scala in Mailand ergattern. Da ich aber nicht vorher geplant hatte dorthin zu gehen, hatte ich nur meine legere Urlaubskleidung dabei und auch relativ abgelaufene Schuhe. Alle Menschen um mich herum waren total aufgetakelt mit schicken Kleidern und Anzügen. Da wurde ich dann doch eher schräg angeschaut.


Ich selbst spiele Klavier und bin auch generell sehr für klassische Musik zu begeistern, würde aber behaupten, dass man kein Fan von klassischer Musik sein muss, um in die Oper zu gehen. Das faszinierende an der Oper ist ja die Theatralik und die Dramatik, die man so in anderen Kunstformen gar nicht ausdrücken kann. Natürlich hat man auch emotionale Szenen im Film oder im Theater, aber dass man sich wirklich mehr als fünf Minuten mit den Gefühlen einer Person beschäftigt, durch die Musik, findet so auch nur in der Oper statt. Wenn man sich darauf einlassen kann und versucht, die emotionalen Stadien auf der Bühne nachzuvollziehen, dann muss man kein großer Fan von klassischer Musik sein, sondern kann einfach Spaß an den Geschichten haben.


Ich kann abschließend nur dafür werben und allen Leuten wärmstens empfehlen, bei Großveranstaltungen an der Oper zu helfen, zum Beispiel beim Kinderfest, beim Ballhof-Fest oder bei der Open Stage. Es werden immer Leute gesucht und es macht super viel Spaß. Zum einen kann man hinter die Kulissen schauen und man hat die Möglichkeit, Teil von dieser Produktion zu sein, auch wenn man nur eine relativ unspektakuläre Aufgabe übernimmt. Zum anderen wird man super herzlich aufgenommen und man hat das Gefühl, man ist gleich ein Teil der Opernfamilie.

 

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